Sonntag, 29. Juni 2003

Israel wirft BBC Antisemitismus vor

Atomwaffen-Bericht

Die israelische Regierung bezichtigt die BBC des Antisemitismus. Anlass für die Vorwürfe gegen den britischen Sender ist ein Bericht, wonach Israel über ein stattliches Atomwaffenarsenal und über biologische und chemische Kampfstoffe verfügen soll. Außerdem habe die Armee ein unbekanntes Gas gegen Palästinenser eingesetzt.

Raketentest der israelischen Armee

Jerusalem - Eine von der BBC produzierten Sendung aus der Serie "Correspondent" war am Samstag in Israel zu empfangen.

Darin werden etliche Experten mit der übereinstimmenden Aussage zitiert, Israel verfüge über des weltweit sechstgrößte Atomwaffenarsenal von taktischen Bomben bis zu Mittelstreckenraketen. Auch sollen die Streitkräfte über biologische und chemische Kampfstoffe verfügen - und teilweise eingesetzt haben. So sei vor zwei Jahren ein unbekanntes Gas gegen Palästinenser in Gaza zum Einsatz gekommen.

Die Sendung hat in der israelischen Regierung Empörung ausgelöst. Ein Regierungsmitarbeiter warf der BBC wegen des Berichts über die geheimen Atomwaffen antisemitische Hetze im Stil der Nazi-Zeitung "Der Stürmer" vor. Daniel Seaman, Leiter des israelischen Presseamtes, sieht in dem Bericht "Israels geheime Waffen" einen weiteren Beitrag in einer Reihe von Sendungen, in denen die britische Rundfunkanstalt das Existenzrecht Israels in Frage stelle.

Seaman sagte, die neuen Vorwürfe erinnerten an den schrecklichsten Antisemitismus. Nach einem Bericht der Zeitung "Jerusalem Post" erwägt das israelische Presseamt nun Arbeitseinschränkungen für die BBC-Mitarbeiter. BBC-Sprecherin Kate Atkins verteidigte indes den Beitrag: "Wir stehen zu dem Programm und würden jede Reaktion der israelischen Regierung bedauern."

Die Regierung in Jerusalem hatte den Besitz von Atomwaffen stets dementiert. Dennoch gilt es als äußerst wahrscheinlich, dass Israel Atomwaffen besitzt. Offiziell hieß es bislang lediglich, Israel sei nicht das erste Land, das Atomwaffen in den Nahen Osten einführt. Die Regierung verweigerte bisher die Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrages zur Unterbindung der Verbreitung von Nuklearwaffen, weil sie internationale Inspektionen ablehnt.



BBC Olenka Frenkiel

Quelle:
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